Wie wird in Malawi, in Polen, in Großbritannien über Ein- und Auswanderung diskutiert? Mit welchen Ressourcen kann gerechnet werden, wenn es um künstlerische oder kommunale Community-Arbeit geht? Wie sehen Strategien aus, in denen in künstlerischen, aktivistischen oder politischen Zusammenhängen Auseinandersetzungen um sozioökonomische und ideologische Rahmenbedingungen geführt werden?
Die knapp zweistündige Diskussion im Pavillon Hannover – geführt auf Englisch mit der Option auf Simultanübersetzung – widmete sich nicht nur regional weiten Feldern, sondern auch unterschiedlichsten Aktivitätsfeldern, die in ganz unterschiedlichen Kontexten operieren. Am Gespräch nahmen Forward Maisokwadzo aus Bristol in Großbritannien, der unter anderem Koordinator des Projekts “Bristol City of Sanctuary” ist, die Künstlerin Naila Ibupoto aus Poznań, Polen und der Poet Chris Msosa aus Blantyre, Malawi teil, die Moderation übernahm die Kulturwissenschaftlerin, Künstlerin und Aktivistin Nadiah Riebensahm.
Nicht nur die verschiedenen Länderkontexte, auch die interdisziplinäre Zusammensetzung des Podiums gewährte einen spannenden Einblick auf internationale Kontexte. Welchen Herausforderungen begegnet man in der Community-Arbeit in Großbritannien? Wie macht man sich sichtbar als Künstlerin of Color in Polen? Wie organisieren Künstler in Malawi Begegnungen unterschiedlichster Menschen? Welche Angebote gibt es für Geflüchtete in Bristol und welche in Blantyre? Wo liegen Gemeinsamkeiten, vielleicht sogar ähnliche Rahmenbedingungen, und gegen welche Widerstände muss gekämpft werden?
Gerade die Unterschiedlichkeit von Angeboten, die – wie in Bristol – direkt ins System kommunaler Strategien und Verwaltung eingebunden sind und künstlerischen Projekten, die sich an Communities oder auch direkt Gegenbewegungen richten (und oft auch aus diesen heraus agieren) zeigte sich. Auch die Sichtbarkeit der drei Gäst_innen in ihren Wirkungskreisen variierte, wie alle berichteten. Naila Ibupoto etwa verwies darauf, dass in Polen linke Gegenbewegungen und Aktivist_innen kaum sichtbar sind, da sie in den dortigen Medien kaum stattfinden. Forward Maisokwadzo, der in Bristol im öffentlichen Auftrag mit einer strukturierten Agenda wirken kann, hat da schon andere Möglichkeiten der Wirkmächtigkeit und Sichtbarkeit und berichtet – obschon der neo-liberale Backlash inklusive diffuser Ablehnung vor Migration und Geflüchteten auch Großbritannien großflächig getroffen hat, wie nicht zuletzt der Brexit zeigte – von Erfolgen auf kommunaler Ebene, die unter anderem die Vernetzung von Menschen positiv möglich machten. Praktische Angebote wie zum Beispiel Monatsfahrkarten für den öffentlichen Nahverkehr oder auch Veranstaltungen für die Büger_innen gehören dazu. Er plädiert für einen Austausch auch mit den Personen, die einer Willkommenskultur negativ gegenüberstehen: “We need to understand people’s concerns. Chris Msosa wiederum betont, wie wichtig es ihm ist außerhalb politischer Agendas und Stimmungen seiner Arbeit nachgehen zu können. Dies gelingt unter anderem im Rahmen eines Festivals, dass er mit anderen Künstler_innen und Aktivist_innen in Malawi organisiert. Von der Idee, als Künstler_in realpolitisch tätig zu werden, hält er nichts: “Artists already became politicians. That did not work.” Naila Ibupoto möchte weiterhin an der Sichtbarkeit polnischer Kunst aus der Gegenbewegung arbeiten und zeigen, dass es auch andere Stimmen in Polen gibt, die mit der jetzigen Politik nicht einverstanden sind. Was alle drei auf jeden Fall gemeinsam haben: Auch international mit ihrer Arbeit zu beeindrucken, was sie glücklicherweise aufs Podium in Hannover führte.